: am Dienstag um neun sind die Erdbeeren reif
Drama in fünf Anrufbeantwortern von Helmut Mittermaier

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Ausschnitt eines Berichtes von Michael Ruesenberg vom 2. April 2008 in der Sendung Resonanzen (WDR) über die Uraufführung:
WDR-Bericht hören



Interview mit dem Autor(April 2008):


Die einzigen Klangquellen deiner Arbeit sind fünf Anrufbeantworter. Wie kamst du auf dieses Medium?

Wir hatten in einer WG lange einen analogen Anrufbeantworter und immer als ich nach Hause kam, galt ihm der erste Blick: Wieviele Anrufe? Es gab immer Nachrichten, auf die man gewartet hat. Erfolgsmeldungen, Absagen, aber auch kritische und traurige Mitteilungen. Der AB ist das Aufzeichnungsgerät, das am meisten mit unserem täglichen Leben, unserern Sehnsüchten und Geheimnissen zu tun hat. Es hat mich gereizt, das zu thematisieren.

Worum geht es in dem Stück?

Es geht um zwei Frauen und drei Männer, die in einer fiktiven Diktatur leben. Sie kommunizieren über analoge Leitungen, weil diese veraltet sind und die einzige Möglichkeit darstellen, geheim zu telefonieren. Man hört in chronologischer Reihenfolge ihre Anrufe ab und auf diese Weise erzählt sich eine Geschichte.

Worüber wird gesprochen?

In dem Hörspiel überwacht die Regierung massiv die Bevölkerung. Musik ist zum großen Teil verboten. Die Gruppe namens sonopartisan handelt mit illegalen Klängen und plant subversive Aktionen in der Öffentlichkeit, die mit Klang zu tun haben. Sie reden über ihre Pläne, über das Land, aber auch über ihre Kunst und den Alltag. Alles das muss im Geheimen stattfinden und ich habe versucht, diese Spannung klanglich zu transportieren.

Spielen Musik und Geräusche eine Rolle?

Sie sind für die Atmosphäre und Dramaturgie ganz wichtig in diesem Stück. Ich habe übrigens ausschließlich Klänge von Anrufbeantwortern für die Produktion verwendet. Also Tuten, Spulen, Rauschen, Piepen, Knacksen und ähnliches. Aus diesem Material habe ich auch die gesamte Musik produziert.

Im Stück kommen auch automatische Ansagen vor. Woher stammen diese?

Sie stammen alle von meinem und den gefundenen Anrufbeantwortern. Ich wollte die ABs aber auch abstaktere automatische Texte sprechen lassen und fing deshalb an, die aufgenommenen Ansagen zu transkribieren. Aus den vorhandenen Wörtern habe ich dann meine absurde Automatenlyrik geschrieben und klanglich aus den einzelnen Schnipseln zusammenmontiert.

Würdest du es eher Hörspiel oder Rauminstallation nennen?

Es ist beides. Man betritt einen dunklen Raum mit fünf unterschiedlichen Tischen, auf denen jeweils ein Anrufbeantworter steht und kann sich zwischen diesen sparsam beleuchteten Plätzen bewegen. Die Räumlichkeit des Klanges ist ein Erlebnis für sich. Was mir außerdem wichtig scheint, ist die Tatsache, dass man sich physisch in die Privatsphäre der einzelnen Personen begibt. Man sieht ihre Gegenstände und hört dann auch noch ihre Anrufe ab. Dadurch ist man schon näher dran als bei einem im Radio gesendeten Hörspiel.

Wer hat an dem Projekt mitgearbeitet?

Am wichtigsten war Grit van Dyk, die Dramaturgin, die mich bei der Arbeit am Text unterstützt hat. Dann natürlich die Schauspieler. Wir haben viele Probeaufnahmen gemacht und daraus schließlich die endgültige Besetzung entwickelt. Außerdem hab ich immer wieder unterschiedlichste Leute um Rat gefragt zu einzelnen Aspekten.

Wo willst du die Arbeit zeigen?

Sie ist sowohl im Kunstkontext als auch im Theater oder literarischen Umfeld vorstellbar. Um Genres habe ich mich ganz bewusst nicht so sehr gekümmert. Mir ging es darum, diese Geschichte klanglich und räumlich interessant zu vermitteln. Ich bin allerdings gespannt darauf, wie sie an unterschiedlichen Orten wahrgenommen wird.

Infos zu anderen Projekten

Besetzung:

Nora: Lucia Gailova
Jane: Juliane Werner
Ruben: Christian Arndt Sanchez
Luc: Julian Mehne
Paul: Jesse Garon

sowie Dreyer: Gerald Michel

Dramaturgie: Grit van Dyk

Regie, Technik, Komposition,
Klanggestaltung: Helmut Mittermaier


Ausschnitte der Radiofassung:
#1#(Musik)
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Bilder der Installation Berlin April 2009:


Kontakt:
info at guruclub de

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